Sinnformel

Tag 627

Der heutige Beitrag dreht sich um innere Motivation, die ihren Ursprung in einem selbst hat. Kinder funktionieren unbeeinflusst ausnahmslos nach diesem Prinzip. Was zur Folge hätte, wenn man diese intrinsische Motivation fördern würde, statt sie gesellschaftlich wegzuzüchten, dass jedes Kind seiner eigenen Begabung von ganz allein konvergent entgegenstrebte. Leider besitzen nur sehr wenige Kinder diese günstigen Vorraussetzungen aufmerksamer und liberaler Aufzuchtpersonen, sodass der aktuelle Trend dahin geht, dass diese individuellen Begabungen wegrationalisiert werden und damit Generationen mit zunehmend mehr Desillusionen und weniger Sinnhaftigkeit im Leben produziert werden. Laut der deutschen Psychologin Tatjana Schnell wird das Fehlen von Sinnhaftigkeit im Leben als „existenziell indifferent“ bezeichnet. Diese Personen erleben sich selbst nicht als sinnsuchend, erleben jedoch auch keine Sinnkrise, wie es bei den erfolglos Sinnsuchenden der Fall ist. Existentielle Indifferenz betrifft die Hälfte aller jungen Menschen in Deutschland (Ausgabe Gehirn & Geist 08/2017 „Sinn schlägt Glück“). Die daraus resultierende Gleichgültigkeit, die aus der scheinbaren Unkontrollierbarkeit des eigenen Lebens her stammt, führt zu einer geringeren Lebenszufriedenheit, welche sich nachweislich negativ auf das Immunsystem und die Psyche auswirkt. Die Studie von Schnell zeigt zwar ebenfalls, dass existenzielle Indifferenz mit dem Alter wieder abnimmt, aber was hat der Einzelne bis dahin alles womöglich an Entwicklungschancen verpasst und diese Zeit in Orientierungslosigkeit verbracht? Zweifelsohne wirkt sich das wie ein Bummerang-Effekt negativ auf die Lebenszufriedenheit im Alter aus.

Wie kommt man jedoch als Erwachsener wieder aus der Sinnlosigkeit des Lebens heraus, wenn man in der Kindheit durch die Familie und danach durch die Gesellschaft nachhaltig kupiert wurde? Vorab:

Medikamente und Drogen sind keine gute Lösung!

Sie bekämpfen schlichtweg nur die Symptome aber nicht die Ursache des Problems. Also Finger weg davon! Wer seinem Leben dauerhaft mehr Sinn einverleiben möchte, der wählt besser den effektiveren Weg der Reaktivierung des intrinsischen Antriebs. Dieser Weg ist zwar der schwerste, allerdings auch der einzig gesunde und aussichtsreichste. Zunächst einmal lautet hierfür die voraussetzende Bedingung, dass man seine gesamte Vergangenheit als gegeben und wichtigen Aspekt der eigenen Persönlichkeit begreift und akzeptiert. Nur wer seine eigenen Erfahrungen gänzlich als Substanz seiner Selbst erkennt, ist in der Lage sein ICH vollständig wahrzunehmen, zu reflektieren und anschließend seinen individuellen Weg der Selbstverwirklichung zu erkennen, sprich die Sinnformel.

Erkennen – Verstehen – Anwenden

ERKENNEN   Wer also gelernt hat sein bisheriges unzufriedenes Leben zu verdrängen, indem er Drogen wie Alkohol, Zigaretten, Marihuana, Koks, Amphetamine oder beziehungsweise und Schmerz- und Schlafmittel konsumiert, aber auch andere Verdrängungsmechanismen wie Lügen, Narzissmus, permanente räumliche Flucht (regelmäßige Umzüge) praktiziert oder sich in zu viel Arbeit stürzt (Workaholic), sollte zu allererst erkennen, dass diese bisherige Lebensweise einem Teufelskreis entspricht, aus dem es auszubrechen gilt. Der Ausbruch ist mit täglicher Arbeit an der eigenen Achtsamkeit geknüpft. Denn diese gelernten Verdrängungsmechanismen ziehen permanent wie ein Gummiband in Richtung dieser antrainierten Lebensweisen zurück. Um dieser permanenten Kraft dauerhaft entgegenzuwirken, bedarf es einer konstanten Überzeugung etwas ändern zu wollen, beziehungsweise seinem Leben einen Sinn einzuhauchen.

VERSTEHEN   Okay, wer erkannt hat, dass sich etwas ändern muss, damit der Status des eigenen Lebens vom „Ertragen“ hin zum „Erleben“ switcht, der kommt um die zweite Phase des Verstehens nicht drum herum. Dazu zählt das Hinterfragen „Warum“ hat man diese und jene Erfahrung gemacht? Und welche Rolle spielt man selbst in seiner eigenen Vergangenheit? Es geht nicht um Schuldzuweisungen! Es geht viel mehr darum, dass man versteht, welche Umstände herrschten, welche Entscheidungen hat man selbst getroffen und wozu führten sie? Der Hintergrund besteht darin, dass man akzeptiert, welchen Weg man unwiderruflich gewählt hat und warum. Es bringt nichts, sich etwas schön zu reden oder wegzuwünschen, denn alles gehört zu der eigenen Persönlichkeit dazu und hat den Menschen zu dem gemacht, was er in der Gegenwart ist. Zu verdrängen, woraus sich diese eigene Persönlichkeit entwickelt hat, blockiert und verzerrt nur die eigene wahrgenommene Realität bis hin zur dysfunktionalen Kognition, einer dauerhaft negativen Verzerrung externaler Reize. Zudem erhöht es die Vulnerabilität, also die Verletzlichkeit gegenüber psychischen Dispositionen wie zum Beispiel Depressionen, Selbstmitleid oder auch Süchte und Selbstschädigungstendenzen. Bringt man jedoch den Mut auf verstehen zu wollen, warum man der ist, der man ist, kann man lernen sich und seine Vergangenheit zu verstehen und zu akzeptieren, um mit diesem Verständnis die Gegenwart und die Zukunft positiver gestalten zu können.

ANWENDEN   Was bedeutet das nun konkret, diese neue Erkenntnis inklusive dem Verständnis über seine eigene Person tatsächlich im aktuellen Leben anzuwenden? Das ist der dritte und letzte Schritt zur Neuerwerbung der eigenen Sinnformel, die uns in den meisten Fällen bereits als Kind abhanden gekommen ist. Und der anstrengendste. Denn nun heißt es jeden Tag aktiv zu leben und zu erleben, die Erkenntnisse in der Art anzuwenden, dass man achtsamer durch den Tag geht, sein eigenes Verhalten und die Reaktionen seiner Umwelt lernt zu reflektiert. Das man lernt sich selbst zu verzeihen und seine eigenen Fehler und Misserfolge als menschlich zu betrachten und sie nicht als die Schuld anderer externer Faktoren missversteht. Kommt man an dem Punkt, an dem man feststellt einen Fehler begangen zu haben, begibt man sich auf der Ebene der Selbstachtung, wenn man anschließend in der Lage ist, diesen Fehler zuzugeben und sich für die negativen Auswirkungen zum Beispiel im sozialen Umfeld zu entschuldigen. Trifft man eine für sich wichtige und richtige Entscheidung, die auf Kritik stößt, ist es ratsam, sich zu erklären, um der Umwelt einen besseren Zugang zu der eigenen individuellen Entscheidung zu geben. Es geht nicht darum, es der Gesellschaft recht zu machen. Denn das ist genau die Ursache, für das ursprüngliche Problem der Desillusionierung. Es geht vielmehr darum, seinen eigenen sinnerfüllten Weg zu erkenne, zu verstehen und zu beschreiten. Und wenn da jemand daneben steht und es nicht nachvollziehen kann, dann übt man sich in sozialer Kompetenz, dieser Person das Prinzip der wiedererlernten Sinnformel näher zu bringen, um auch diesem Menschen sein eigenes Tor zum Licht, raus dem Schatten, zu ermöglichen. 

Somit kann jeder ein kleines Stückchen dazu beitragen, unsere Welt etwas besser zu machen.

In diesem Sinne: Bleibt positiv!!!

Eure Maria

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