Transzendenz

Tag 614
Drei Monate sind wieder ins Land gezogen. Doch mit der Zeit entwickele ich ein Bewusstsein, was der Definition von Zeit immer fremder wird. Zeit wird für mich relativ in Bezug zur Weiterentwicklung meines Geistes. Ich sprach in den letzten Beiträgen von der Therapie meiner Versagungsängste, welche sich auf Prüfungen und Zensuren schlechter als 1+ bezogen und unmittelbar mit der Imitation der Modelleigenschaften meiner vor knapp sieben Jahren verstorbenen Mutter zu assoziieren waren. Ich schaffte es, diese schwere Last der mütterlichen Prägung von mir abzustreifen, als ich erkannte, dass meine Versagungsängste nichts weiter waren, als eine typisch kindliche Nachahmung. In diesem Falle handelte es sich leider um das Gefühl der Wertlosigkeit, Unzufriedenheit und dem Versagen, Dinge nie gut genug erledigen zu können. Ich hatte die Rolle meiner eigenen Mutter eingenommen und konnte es mir, egal wie sehr ich mich auch bemühte, sowieso nie wirklich recht machen.
Doch mit dieser bahnbrechenden Erkenntnis schien mir der Durchbruch zur Selbstverwirklichung gelungen zu sein.
 
Folgende Zweien verursachten keine Emotionen der Demütigung mehr in mir. Eine Zwei ist okay. Nichts Schlimmes. Ich meldete mich selbstbewusst mit Gesang und Gitarrenspiel beim Talentwettbewerb an meiner Schule an, um meine selbstverschriebene Angstkonfrontationstherapie fortzuführen und mich damit auf meine bevorstehenden Abiturprüfungen ab März vorzubereiten. Die Rechnung ging auf. Anfangs war ich bei den Proben noch sehr verunsichert, da mein Song „Troy“ von Sinead O´Connor war. Ein Lied, was kaum jemand kannte und zudem nicht dem Mainstream entspricht, was man so im Radio hört. Ich nahm all meinen Mut zusammen, stellte mich auf die Bühne, mein Herz raste so schnell und heftig, als begäbe ich mich in absolute Gefahr, war entschlossen mich meiner Angst zu stellen und mit dem ersten Saitenanschlag meiner Gitarre kapitulierte meine Angst vor einer riesigen Endorphin-Explosion. Dieses Erlebnis festigte meinen neuesten Weg der freien geistigen Entfaltung in alle erdenklichen Freiheitsgrade.
 
Hier ein Mitschnitt:


Aufgrund einer Grippewelle traf mich in den Ferien eine äußerst hartnäckige Virusart, weshalb ich drei Tage in eine Art Fieberschlaf gefallen bin. Ich hatte schon fast vergessen, wie sehr tagelanges Fieber dem Körper zusetzt. Die Ferien konnte ich also, was Lernen anging, total vergessen. Und das, obwohl in der Woche danach die erste der letzten Klausuren in der 13. Klasse anstand. Was im Delirium allerdings geschah, war gruselig und faszinierend zugleich. Im Fieberschlaf hatte ich einen penetranten Drei-Minuten-Traum, der sich über eine gesamte Nacht pausenlos wiederholte. Ich träumte von einer physikalischen Frequenz, welche der Schlüssel zu einem psychologisch-physikalischen Phänomen war. Ich speicherte diesen Geistesblitz sofort als Audio, um ihn nicht zu vergessen. Die Analyse und Ausarbeitung folgt in meinem Buch „Relative Universen“, an dem ich gerade schreibe.

Zum Glück wurde ich zum Ende der Ferien gesund und schrieb die Deutsch-Klausur in Form einer Interpretation über das expressionistische Gedicht „Die Schlacht bei Saarburg“ von Alfred Lichtenstein um 1914. Eine Woche später schrieb ich meine letzte Klausur im Leistungskursfach Physik in Abiturlänge (270 Minuten) mit dem Hauptthema des letzten Semesters „Atom- und Kernphysik“. Mittlerweile habe ich von dieser bereits das Ergebnis. Ich schrieb sie mit einer Eins minus. Diese Leistung beeindruckte mich selbst über alle Maßen. Ich begann mein Zimmer mit selbstkreierten A2-Plakaten zu tapezieren. Mittlerweile sind drei Fünftel meiner Zimmerwände mit mathematischen, physikalischen und anatomischen Informationen übersät. Diese Woche schrieb ich im Leistungskurs Mathematik über alle vier Semester ebenfalls in Abiturlänge (300 Minuten) mit den Themen „Analysis“, „Analytische Geometrie“ und „Stochastik“. Das Ergebnis steht noch aus. In drei Tagen schreibe ich in Psychologie normal (90 Minuten) über „Depression“, übernächste Woche in Biologie über „Evolution“ und in Englisch über „Medien“.  Am 11. März folgt dann die allerletzte Klausur vor den Abitur-Prüfungen im Ergänzungskurs Mathematik über „Rechnen mit Komplexen Zahlen“.

Alles klar!!! Ich rocke das!

Am 17. Juni werde ich endlich mit 35 Jahren mein Abiturzeugnis in den Händen halten. Die nächsten Schritte stehen bereits fest. Ich werde mich für das Wintersemester 2019 in Potsdam auf einen Doppel-Bachelor-Studien-Platz in „Mathematik“ und „Physik“ bewerben. Parallel beginne ich den Bachelor im Fernstudium in „Psychologie“ an der Universität Hagen. Das Ziel ist mit den Mastern in Astrophysik und Psychologie anschließend den Master in „Luft- und Raumfahrt“ an der Technischen Universität Berlin zu absolvieren. Zusätzliche Module nebenher in „Bio-Physik“ sollen meine Selbstverwirklichung abrunden. Ich werde im Bereich der Luft- und Raumfahrt forschen mit der Spezialisierung in psychologisch-biomechanischen Technologien zur Verbesserung der Lebensbedingungen im interplanetaren und interstellarem Raum.

Das klingt wie eine unüberwindbare Strapaze mit vier Kindern, doch in meinen Ohren klingt es wie Musik. Ich sehe mich endlich glasklar. Ich spüre wie jede meiner Fasern, jede  Zelle mit lebensbejahenden Impulsen durchströmt werden. Ich mache mich, mein Individuum, wahr und Verwirkliche mein Selbst, indem ich mit allem, was mich ausmacht, und meinem Horizont verschmelze. Es fühlt sich an wie eine Komplettierung, eine Fusion, ein monohumaner geistiger Urknall mit einem variierend expandierendem Potential an transzendierenden Bewusstseinszuständen. So stelle ich mir das Gefühl der Erleuchtung vor.

 

Ich halte Euch auf dem Laufenden.

 

Bis demnächst.

 

Eure Maria

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